10. Forschungstag: Wissenschaftliche Highlights und ein neuer Rekord
Schon früh am Morgen des 23. Mai 2025 war zu spüren, dass der 10. Forschungstag an der Universitätsmedizin Halle etwas Besonderes werden würde. Denn bereits kurz vor acht Uhr füllten sich die Hörsäle und Gänge des Lehrgebäudes. Bis zum Ende des Tages nahmen insgesamt 320 Personen teil – ein neuer Rekord. Knapp 70 wissenschaftliche Beiträge in Form von Vorträgen oder Postern zu den Schwerpunktthemen Versorgungsforschung, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Onkologie erwarteten die Teilnehmenden. Diese Zahlen sprechen eine deutliche Sprache: Der Forschungstag ist zu einer unverzichtbaren Plattform für den wissenschaftlichen Austausch herangewachsen.
Zur Eröffnung betonte Dekanin Prof. Heike Kielstein die besondere Bedeutung des Tages: „Der Forschungstag bietet die Möglichkeit, Einblicke in die Projekte anderer Arbeitsgruppen zu gewinnen, sich zu vernetzen und Impulse zu setzen.“ Vor dem Hintergrund des reichhaltigen Programms und der Graduiertenkollegs, die aktuell ihre Verbundarbeit an der Universitätsmedizin Halle ausbauen, fortsetzen oder beginnen möchten, bekräftigte die Prodekanin für Forschung, Prof. Claudia Wickenhauser: „Wir haben viele Menschen am Standort, die etwas schaffen wollen.“ Das sei schon immer so gewesen. Neuerdings habe sich das wissenschaftliche Spektrum aber breiter aufgestellt. Neben der seit jeher starken Grundlagenforschung gebe es nun mehrere „Kumulationen wissenschaftlicher Exzellenz und vor allem von Verbünden“.
Forschung in 60 oder 600 Sekunden vorgestellt
Neben den klassischen zehnminütigen Vorträgen erlebte auch in diesem Jahr eine ganz besondere Art der Präsentation ihre Fortsetzung: Zu fast jedem der über 50 Poster gab es einen sogenannten Elevator Pitch – einen Kurzvortrag, der so lange dauert, wie eine Fahrt mit dem Aufzug. Lustig, spannend, faktenbasiert: so charakterisierte Prof. Tony Gutschner dieses Format, das inzwischen zum sechsten Mal unter seiner Moderation stattfand und das Publikum dazu animieren soll, die entsprechenden Poster zu besuchen.
Die Kreativität der Vortragenden kannte dabei keine Grenzen und komplexe medizinische Sachverhalte wurden in Metaphern übersetzt. So glich die Krebsforschung dem Bau von Brücken, wobei die experimentell gewonnenen Erkenntnisse bestenfalls im echten Leben tragfähig sein sollten. Die Entstehung von Tumoren erinnerte an eine chaotische WG und gentechnisch veränderte Immunzellen traten in Superhelden-Geschichten gegen Krebs an. Anstelle des klassischen Referats gab es Märchengeschichten oder Gedichte zu hören. Ein Projekt zum Einsatz von Sprachmodellen in der Dokumentation klinischer Daten wurde nahezu vollständig durch eine maschinell erstellte Stimme vorgetragen, die ihren „organischen Kollegen” und Schöpfer auf unterhaltsame Weise zurechtwies.
Karrierewege und neue Gesichter
Neu im Programm war die Veranstaltung „Karrierewege in der Wissenschaft”. Nach einer Einleitung durch Prof. Simone Hettmer berichteten Prof. Michael Böttcher, PD Dr. Jessica Höll, Dr. Luise Pudig und Sebastian Jacob von ganz persönlichen Erfahrungen und ihrem Werdegang. Möchte man vorrangig forschen, lehren, klinisch arbeiten oder eine Kombination aus allem? Strebt man eine Habilitation, eine Professur oder eine sonstige Führungsposition an? Die Teilnehmenden erhielten wertvolle Einblicke in die verschiedenen Möglichkeiten wissenschaftlicher Laufbahnen für Mediziner:innen und Nichtmediziner:innen.
Unterm Strich wurde deutlich: Jeder Mensch nimmt seinen eigenen Weg, manchmal mit zusätzlichen Schlenkern hier und da. Wissenschaft verlange eine gewisse Frustrationstoleranz, denn Misserfolge sind Teil des Prozesses und Rückschläge normal. Wenn man doch einmal strauchelt oder scheitert, sollte man wieder aufstehen und dranbleiben. Und Auslandsaufenthalte können im wissenschaftlichen Werdegang sehr hilfreich sein, sind aber im Gegensatz zu früher kein Muss. Besonders betont wurde die Wichtigkeit von Nachwuchsförderprogrammen wie dem Clinician Scientist Programm an der Universitätsmedizin Halle, das „phänomenal“ sei und das es früher nicht gegeben hätte. Auch die Bedeutung guter Mentor:innen wurde hervorgehoben – und dass man auf seinem Weg mehr als eine:n haben sollte.
Ebenfalls eine Premiere erlebte der „Newcomers Club“ des Forschungstags. Dabei stellten zwei der jüngst berufenen Professoren ihre Forschung dem Publikum vor: Prof. Michael Heuser, seit September 2024 Professor für Innere Medizin mit den Schwerpunkten Hämatologie und Onkologie, zeigte aktuelle Beispiele aus der Leukämieforschung und erläuterte, wie Next-Generation-Sequencing zur ultrasensitiven Diagnostik eingesetzt werden kann. Unter dem Motto „Cure Leukemia Together“ warb er für Vernetzung und Translation. Prof. Oliver Tüscher, seit Oktober 2024 Professor für Psychiatrie und Psychotherapie, zeigte Entwicklungen in der Therapie und Prävention von psychiatrischen und altersbedingten kognitiven Beeinträchtigungen auf, bei denen auch digitale Interventionsmöglichkeiten zum Einsatz kommen. Mit dabei war außerdem PD Dr. Hauke Felix Wiegand, der als leitender Oberarzt in der psychiatrischen Forschung tätig ist, Versorgungsforschung anhand von Krankenkassendaten betreibt und sich mit der Digitalisierung psychiatrischer Daten befasst.
„Forschung braucht Kommunikation, Interaktion und Kompetition“
Für Prof. Wickenhauser stand der 10. Forschungstag unter den Schlagworten „Kommunikation, Interaktion, Kompetition“: Nur über gute Kommunikation könne man erfolgreich Verbundforschung betreiben. Eine tatsächliche Interaktion entstehe aber erst durch den persönlichen Kontakt zwischen Forschenden aus den Instituten und Kliniken, der weit über eine bloße Kommunikation hinausgehe. Der Forschungstag ist dabei eine feste Größe. Es müsse aber auch eine gesunde Kompetition geben, um sich gegenseitig zu Höchstleistungen zu bringen, wobei die Motivation junger Menschen nicht aus den Augen verloren werden dürfe. Erstmalig konnten sich alle Beiträge, die in diesem Jahr nicht für einen Vortrag oder ein Poster ausgewählt wurden, im Foyer auf einem großen Bildschirm präsentieren.
Zum Abschluss prämierte sie herausragende Posterpräsentationen und Vorträge. Mit den besten Vorträgen überzeugten Dr. Alexander Gussew (Radiologie) und Julia Helmes (KIM IV). In der Kategorie Poster wurden Pit Preckwinkel (Molekulare Medizin), Angelo Vece (Physiologische Chemie), Filip Kramarzyk (KIM IV) und Anna Kopf (Reproduktionsmedizin und Andrologie) ausgezeichnet.