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Informationen zu Tierversuchen

Tierexperimentelle Forschung an der Universitätsmedizin Halle

Um neuartige Wirkstoffe und Behandlungsansätze zu entwickeln, ist ein umfassendes Verständnis von Krankheiten und ihren Mechanismen notwendig. Das setzt voraus, dass wir die komplexen Prozesse, die bei Erkrankungen im Organismus ablaufen, genauestens analysieren. Die biologische Ähnlichkeit zwischen Mensch und Tier ermöglicht es, diverse Krankheitsbilder am Tiermodell aussagekräftig zu untersuchen. Daher sind in der Forschung, besonders im Bereich der Grundlagenforschung, Tierversuche nach heutigem Kenntnisstand noch nicht vollständig durch alternative Methoden zu ersetzen.

Auch die Universitätsmedizin Halle ist in ihrer medizinischen Forschung auf Tierversuche angewiesen. Wir sind uns der damit verbundenen Verantwortung, Bedeutung und Pflichten bewusst und möchten deshalb über Tierversuche informieren und transparent sein.

Anhand von Zellkulturen, Computersimulationen oder der Analyse vorhandener Daten können erste Erkenntnisse und Theorien entwickelt werden. Allerdings verhalten sich einzelne Zellen oft ganz anders als in einem Gewebe oder Organ. Das Zusammenwirken aller zellulären Prozesse in einem Organismus ist unglaublich komplex. Trotz aller äußerlichen Unterschiede, ähneln sich die zellulären Prozesse verschiedener Organismen wie Mäuse und Menschen sehr. Die Entwicklung neuer Forschungsmethoden, die Wissenschaft und medizinische Forschung ohne Tierversuche ermöglichen sollen, wird international gezielt gefördert und hat einen hohen Stellenwert. 

Spätestens in der präklinischen Forschung ist die Untersuchung vielversprechender Wirkstoffe und Behandlungsansätze über Tierversuche notwendig, die immer Teil eines langen Forschungsprozesses sind. Deshalb kann die Wissenschaft derzeit noch nicht vollständig auf die Arbeit mit oder an Tieren verzichten. Ein Verzicht darauf heißt für uns, auf überlebenswichtige Erkenntnisse zugunsten möglicher Behandlungsmethoden für Patient:innen zu verzichten. Der Nutzen der Forschung an Tieren ist aus humanmedizinischer Sicht klar belegbar. Einige Beispiele hierfür sind auf der Website www.tierversuche-verstehen.de/erfolge-durch-tierversuche allgemeinverständlich beschrieben.

Der Großteil aller Tierversuche findet in Deutschland für die Grundlagenforschung statt, so ist es auch an der Universitätsmedizin Halle. Wichtigste Grundsätze sind dabei die sogenannten „3R“ – „Replace, Reduce und Refine“, also notwendigen Tierversuche effizient zu gestalten, deren Anzahl zu verringern und diese nach Möglichkeit zu ersetzen. Neben Alternativmethoden, die gänzlich ohne Tiere auskommen, wie beispielsweise Organ-on-a-Chip-Systeme oder Organoide, sind damit auch Methoden gemeint, bei denen die Belastung der Tiere minimal ist. „Tierversuchsfrei” bedeutet nicht zwingend „tierfrei”. Oft benötigt man für Alternativmethoden auch tierische Produkte. Es gilt: Tierversuche werden erst durchgeführt, wenn alle anderen Möglichkeiten zur Beantwortung einer wissenschaftlichen Fragestellung ausgeschöpft sind. Zu jedem Tierversuchsantrag werden auch alle getroffenen Maßnahmen im Rahmen der 3R angegeben. 

Mäuse, Ratten, Kaninchen und Meerschweinchen sind Tierarten, die in der tierexperimentellen Forschung an der Universitätsmedizin Halle zum Einsatz kommen. Hohe Standards in der Tierhaltung, Hygiene, Zucht und tiermedizinischen Betreuung sind uns von elementarer Bedeutung, genauso wie der verantwortungsvolle, respektvolle und tierschutzkonforme Umgang mit den Tieren. So haben wir beispielsweise Käfige für Kaninchen durch Bodenhaltung auf Stroh in großen Arealen ersetzt, die auch eine artgerechte Gruppenhaltung ermöglicht. Ratten werden in großen umgebauten Kaninchenkäfigen ebenfalls in Gruppen gehalten. Qualifizierte und engagierte Mitarbeiter:innen stehen hinter dieser wichtigen Forschung. Wir arbeiten daran, möglichst umfangreiche Informationen zum Thema öffentlich verfügbar zu machen und auf Entwicklungen hinzuweisen.

Die Anzahl aller in Tierversuchen verwendeten Tiere, deren Verwendungszweck und die versuchsbedingte Belastung wird gemäß der Versuchstiermeldeverordnung jährlich genau erfasst, an übergeordnete Behörden gemeldet und auf diesem Wege veröffentlicht. Aufgrund einer Änderung der EU-Richtlinie werden seit 2017 erstmals nicht nur diese forschungsrelevanten Tiere, sondern alle Tiere statistisch erfasst, die an einer Einrichtung verwendet wurden. Forschung an und mit Tieren betrifft dennoch nur einen geringen Teil der wissenschaftlichen Arbeit an der Universitätsmedizin Halle.

Nein, im Studium an der Medizinischen Fakultät der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg finden keine Versuche mit und an Tieren statt. 

Tierversuche sind auf europäischer Ebene geregelt: Im Jahr 2010 haben das Europäische Parlament und der Rat der Europäischen Union eine entsprechende Richtlinie verabschiedet. Auf nationaler Ebene wurde diese 2013 im deutschen Tierschutzgesetz, in der Tierschutz-Versuchstierverordnung und in der Meldeordnung für Versuchstiere umgesetzt. 

Jedes unserer Forschungsvorhaben, das Tiere einschließt, wird intensiv hinsichtlich des Tierschutzes, der ethischen Vertretbarkeit, der wissenschaftlichen Unerlässlichkeit und nach geltendem Gesetz geprüft. Tierversuche dürfen nur durchgeführt werden, wenn eine Genehmigung des Landesverwaltungsamts Sachsen-Anhalt für diese Versuche vorliegt. Seit 2013 ist jedem Antrag auf Genehmigung eines Tierversuchsvorhabens eine allgemeinverständliche „Nichttechnische Projektzusammenfassung“ beizufügen. Diese beschreibt Zweck, Nutzen sowie erwartete Schäden und Belastungen der Tierversuche. Außerdem werden darin die Anzahl und die Art der im Versuch verwendeten Tiere, sowie alle 3R-Maßnahmen beschrieben, die getroffen wurden. Diese Zusammenfassungen werden unter AnimalTestInfo.de durch das Bundesinstitut für Risikoforschung veröffentlicht

Die Universitätsmedizin Halle ist im August 2022 der „Initiative Transparente Tierversuche” beigetreten, die sich für transparente Information und offene Kommunikation über Tierversuche in der Forschung einsetzt. Insgesamt haben sich der Initiative seit der Gründung im Juli 2021 mehr als 120 Institutionen angeschlossen, um vier erklärte Ziele umzusetzen: Transparent informieren, den öffentlichen Dialog mitgestalten, Erfahrungen austauschen und Aktivitäten bekannt machen.