Die Arbeitsgruppe eHealth beschäftigt sich mit der Frage, wie digitale Technologien, datenbasierte Analysen und interdisziplinäre Forschungsansätze zur Verbesserung der Gesundheitsversorgung beitragen können – besonders im ambulanten Bereich. Ziel ist es, sowohl die wissenschaftliche Evidenzbasis als auch die praktische Umsetzbarkeit neuer Versorgungskonzepte zu stärken. Die Herausforderungen in der Versorgung lassen sich nur durch enge Kooperationen zwischen medizinischen Fachrichtungen, Gesundheitsökonomie, Informatik und Gesundheitspolitik lösen. Die AG eHealth arbeitet daher in Verbundprojekten mit Hochschulen, IT-Unternehmen, Krankenkassen und politischen Akteuren zusammen. Aktuell und perspektivisch folgende Themen im Zentrum.

 

1. Nutzung von Real-World-Daten (RWD) für die Versorgungsforschung

Die Erhebung und Auswertung von Real-World-Daten – also Versorgungsdaten aus dem Praxisalltag – ist ein zentraler Forschungsschwerpunkt. Die AG eHealth entwickelt Verfahren, um Daten aus verschiedenen Praxisverwaltungssystemen zu harmonisieren, zu analysieren und für retrospektive sowie prospektive Studien zugänglich zu machen.

 Zukunftsperspektive

  • Verknüpfung ambulanter Daten mit Daten aus der Sekundärversorgung (z. B. Krankenhausabrechnungen, Registerdaten)
  • Einbindung in nationale Kohorten und gesundheitsbezogene Großprojekte
  • Einsatz von KI-gestützten Analysetools zur frühzeitigen Erkennung von Versorgungslücken und Mustern

 

2. Stärkung der Primärversorgung als Forschungsumfeld

Die hausärztliche und allgemeinmedizinische Versorgung ist eine tragende Säule des Gesundheitssystems – wird aber bisher kaum als systematische Forschungsplattform genutzt. Die AG eHealth baut mit Partnern das Forschungspraxennetzwerk RAPHAEL auf, um Forschung in der realen Versorgungssituation zu verankern.

Zukunftsperspektive

  • Etablierung allgemeinmedizinischer Praxen als zertifizierte Forschungspraxen
  • Förderung von Praxis-basierten Interventionsstudien und partizipativer Forschung
  • Langfristige Integration von Forschung in die Weiterbildung und tägliche Praxis

 

3. Digitale und assistierte Versorgungsmodelle im ländlichen Raum

Mit Projekten wie AsTeMed erprobt die AG eHealth, wie neue Rollen wie Physician Assistants und telemedizinische Verfahren die Versorgung in unterversorgten Regionen verbessern können. Die Nutzung digitaler Technologien soll gezielt dort zum Einsatz kommen, wo Ressourcen knapp sind – etwa durch Fernkonsultationen oder die Delegation standardisierter Aufgaben.

Zukunftsperspektive

  • Aufbau hybrider Versorgungskonzepte, die digitale und persönliche Leistungen kombinieren
  • Integration von Wearables, Monitoring-Systemen und Apps in den Versorgungsalltag
  • Entwicklung rechtlicher und organisatorischer Rahmenbedingungen für assistierte Versorgung

 

4. Datenethik, Datenschutz und patientenzentrierte Forschung

Die AG eHealth setzt sich intensiv mit Fragen des Datenschutzes, der Datensouveränität und der Einbindung von Patient:innen in Forschungsprozesse auseinander. Dabei geht es auch um die Etablierung vertrauenswürdiger digitaler Infrastrukturen.

Zukunftsperspektive

  • Aufbau von Governance-Strukturen für die Nutzung sensibler Gesundheitsdaten
  • Broad Consent für die Forschung mit primärärztlichen Daten
  • Beteiligung von Patient:innenvertretungen an Studiendesigns und Registerprojekten
  • Stärkung ethischer Standards in der datenbasierten Versorgungsforschung

     

Aktuelle Projekte

Bei dem Register BeoNet-Halle handelt es sich um eine gemeinnützige Forschungsdatenbank mit anonymisierten, pseudonymisierten und longitudinalen Patientendaten, an der alle niedergelassenen Haus- und Fachärzte deutschlandweit teilnehmen können. Patientendaten können dabei aus mehr als 70 verschiedenen Praxisverwaltungssystemen exportiert werden. Die extrahierten Variablen enthalten kodierte und nicht kodierte Angaben u. A. zu Diagnosen, Befunden, Therapien, Laborergebnissen und Verordnungen. Die Daten werden zunächst aufbereitet, da es einige Unterschiede in Struktur und klinischer Kodierung innerhalb der Praxissoftwares gibt. Die ambulanten Versorgungsdaten sollen langfristig mit Daten aus der Sekundärversorgung und Datenbanken aus großen Kohortenstudien (z. B. der Nationalen Kohorte) verknüpft werden.

Unser Ziel ist es, „Real-World-Daten“ in Echtzeit für die Versorgungsforschung nutzbar zu machen, die Gesundheitsbehörden und akademische Forscher dabei unterstützen sollen, die Versorgung von Patienten langfristig zu verbessern. Neben retrospektiven Studiendesigns kann die Datenbank ebenso von akademischen Forschern für Interventionsstudien mit elektronischen Patientenakten genutzt werden. Weitere Potenziale und Perspektiven des Registers sollen nach und nach erforscht werden.

Projektleitung: Prof. Dr. med. Rafael Mikolajczyk, Prof. Dr. med. Thomas Frese
Ansprechpartner: Konstantin Moser
Homepage: http://beonet.org

 

Versorgung findet vor allem im ambulanten Bereich statt. Dennoch bestehen bislang kaum tragfähige Strukturen, um klinische Forschung im Setting der Primärversorgung umsetzen und die dort entstehende Evidenz nutzbar machen zu können.

Die Abteilungen/Institute für Allgemeinmedizin Leipzig und Halle streben daher den Aufbau eines gemeinsamen Forschungspraxennetzwerkes an, welches einen neuen Zugang zu Real World Data bietet und gleichzeitig den unmittelbaren Transfer von Forschungsergebnissen in die Primärversorgung gestattet. Der Partner Medizinische Hochschule Hannover bringt zudem wertvolle Erfahrungen mit medizinischen Registern ein. 

Das übergeordnete Ziel ist es, allgemeinmedizinische Praxen in die Lage zu versetzen, eigene klinische Forschungsansätze zu konzipieren und umzusetzen. Hierzu bietet das Netzwerk über die Förderperiode hinaus organisatorische Unterstützung, wissenschaftliche Weiterbildung, den Transfer wissenschaftlicher Methoden sowie eine umfassende Struktur zur Einbeziehung von Patientenvertretungen. 

Das Netzwerk wird die Weiterbildung und Zertifizierung der Praxen als Forschungspraxis über die Förderphase hinaus gewährleisten und somit nachhaltig die allgemeinmedizinische Forschung in der Primärversorgung stärken.

Interessiert? Hier geht es zum Forschungspraxennetzwerk RAPHAEL

Zur Seite des Projekts beim BMBF

Projektleitung und Ansprechpartner: Dr. Alexander Bauer

AsTeMed zielt darauf ab, die ambulante medizinische Versorgung in ländlichen Gebieten durch die Implementierung von assistierten, telemedizinischen Behandlungs- und Versorgungsprozessen zu verbessern. Ein zentraler Baustein hierfür ist der Einsatz von Physician Assistants (PAs) als neue Akteure im Team der hausärztlichen Versorgung. Der Hauptfokus liegt dabei auf der Überbrückung bestehender regionaler Ungleichgewichte sowohl in der hausärztlichen als auch in der fachärztlichen Versorgung. In städtischen Ballungsräumen existiert häufig ein Überschuss an medizinischen Kapazitäten, während in ländlichen Gebieten ein Mangel an medizinischen Dienstleistungen gegenüber einem wachsenden Bedarf steht. 
Durch die Nutzung telemedizinischer Technologien soll dieses Ungleichgewicht ausgeglichen werden, indem medizinische Ressourcen virtuell dorthin verlagert werden, wo sie am dringendsten benötigt werden.

Konsortialführung: MEDDVZ Medizinische Datenverarbeitung Zeitz
Förderer: Bundesministerium für Wirtschaft (BMWi), Programm: Unternehmen Revier
Laufzeit: 01.01.2025 - 31.12.2026
Ansprechpartner: Dr. Alexander Bauer

Dieses Projekt zielt darauf ab, die Versorgung von Patienten mit Ulcus cruris infolge chronischer Veneninsuffizienz detailliert zu erfassen und zu analysieren. Grundlage bilden anonymisierte Versorgungsdaten, aus denen standardisierte Protokolle sowie Such- und Analysestrategien entwickelt werden.
Im Fokus stehen Diagnosen und Behandlungsdaten zu Ulcus cruris (ICD-10: I87.21, L97; EBM 02312), insbesondere hinsichtlich Behandlungsdauer, Anzahl ärztlicher Kontakte, Verbandswechsel sowie eingesetztem Verbandsmaterial. Geplant ist die statistische Auswertung von etwa 400 Datensätzen zur besseren Abbildung der realen Versorgungsbedingungen.
 

Förderer: Lohmann & Rauscher GmbH & Co. KG
Laufzeit: 01.11.2024 – 31.08.2025
Ansprechpartner: Dr. Alexander Bauer

Abgeschlossene Projekte

Ziel ist die Versorgungsoptimierung durch Etablieren einer standardisierten und strukturierten Kommunikation zwischen ambulanten Pflegediensten/Pflegeheimen und Hausärzten zur Vermeidung außerplanmäßiger Inanspruchnahmen medizinischer Behandlung von professionell gepflegten Patienten sowie die Verbesserung der Kommunikation.

Das Projekt bietet eine bidirektionale, priorisierte, sichere, gerichtete, gepufferte, elektronische, asynchrone Kommunikation zwischen Arzt und Pflege über pflegebedürftige Patienten einer Projektregion inklusive der Übermittlung elektronischer Dokumente bei Verwendung einer Telehealth Plattform (THP) sowie eine synchrone Kommunikation über eine assistierte Videosprechstunde. Kommunikation in diesem Sinne beinhaltet Routinesachverhalte (Information über Zustandsveränderungen, Anforderung von Arzneimittelverordnungen, etc.) sowie bei Bedarf ein intensiviertes Monitoring von Patienten mit bestimmten Erkrankungen (Diabetes, Herzinsuffizienz, COPD, Parkinson, Schmerz) für grds. 6 bis max. 8 Wochen pro Quartal. Zur Umsetzung der Kommunikation und des intensivierten Monitorings erhalten die Arztpraxen und Pflegeeinrichtungen einen Portalzugang zur THP sowie einen Telemed- Rucksack inkl. bluetooth- und multiuserfähiger Messsensoren und nutzen parallel die etablierte Infrastruktur (TI-Router, SNK, eArztbrief, eNachricht) und Standards.Mit diesen können die Pflegefachkräfte in der Häuslichkeit instabile Körperzustände überwachen und damit unnötige Hospitalisierungen der Betroffenen vermeiden. Der Arzt legt für die Überwachung individuelle Schwellwerte fest, bei deren Über- oder Unterschreitung bestimmte Maßnahmen einzuleiten sind. Die Intervention beim Patienten ist für minimal 12 Monate und maximal 24 Monate vorgesehen.

Pflegebedürftige Versicherte der AOK Sachsen-Anhalt und der IKK gesund plus mit mindestens Pflegegrad 2, die in der Projekt-region in einer vollstationären Pflegeeinrichtung nach § 43 SGB XI oder mit Pflegesachleistungsanspruch ambulant nach § 36 SGB XI versorgt werden. Einschlusskriterium intensiviertes Monitoring: Versicherte der vorgenannten Gruppe mit mindestens einem ausgewählten Krankheitsbild (Diabetes, Herzinsuffizienz, COPD, Parkinson, Schmerz) und erhöhtem Überwachungsbedarf bei instabilem Krankheitszustand.

Als medizinische Leistungserbringer sollen 350 Ärzte sowie 200 ambulante Pflegedienste und 150 Pflegeheime der Projektregion teilnehmen und die neue Versorgungsform mit 9.000 Versicherten, davon 2.000 im intensivierten Monitoring, erprobt werden

Laufzeit: 01.04.2021 bis 30.09.2024 
Förderer: Gemeinsamer Bundesausschuss (G-BA) Innovationsfonds

Projektleitung: Prof. Dr. Thomas Frese 
Ansprechpartner: Dr. Alexander Bauer, Dr. Christine Brütting

Health.connect entwickelt eine integrative, interoperable IT-Service- und Datendrehscheibe für die Gesundheitsversorgung. Zur einfachen Integration der Akteure orientiert sich das Vorhaben an Gestaltungsprinzipien erfolgreicher sozio-technischer Ökosysteme wie Android oder iOS. Android bspw. formuliert im Kern das sogenannte Intent-Konzept, über das sich, im Sinne einer Service-orientierten Architektur (SOA), flexibel Services (Apps) zu neuen, höherwertigen Services kombinieren lassen. Die Servicearchitektur soll den gesicherten und zuverlässigen Datenaustausch zwischen den beteiligten Akteuren (Ärzten, Pflegeeinrichtungen, Krankenhäusern, Apotheken, Gesundheits- oder Pflegedienstleistern usw.) regeln. Entwicklungsmodule sind beispielsweise Services zur Kommunikation zwischen heterogenen Pflegedokumentationssystemen und Praxissystemen einschließlich der dafür erforderlichen Datenkonvertierungen, die Automatisierung des Medikationsprozesses zwischen Ärzten, Apotheken und Pflegeeinrichtung, die Übermittlung und Auswertung von patientenbezogenen Daten an den behandelnden Arzt, die Erkennung kritischer Zustände usw. Eine juristische Begleitung für die rechtssichere Kommunikation sowie für alle haftungsrelevanten Fragen wird in das Projekt eingebunden.

Im Rahmen eines Modellprojektes sollen sämtliche behandlungsrelevanten Informationen für den Anwendungsfall “ärztliche Versorgung im Pflegeheim” datenschutzkonform, benutzerfreundlich und empfängerspezifisch zugänglich gemacht werden. Für den Datenaustausch zwischen Systemen in Pflegeheimen, Arztpraxen, Krankenhäusern und Apotheken wird eine Auswahl exemplarischer Services, z.B. zum Versenden und Empfangen von DICOM-Bildern und von physischen Dokumenten (PDF), realisiert und die Anbindung weiterer Services wie Videosprechstunde oder Spracheingaben wird konzipiert.

In dem Modellprojekt sollen die IT-Systeme der Hausarztpraxen, der betreuten Pflegeheimen, einer Apotheke und einem Krankenhaus exemplarisch miteinander vernetzt werden.

Laufzeit: 01.12.2018 bis 30.04.2021 
Förderer: Sächsisches Staatsministerium für Soziales und Verbraucherschutz

Projektleitung: Prof. Dr. Thomas Frese
Ansprechpartner: Dr. Alexander Bauer

Künstliche Intelligenz ist in unserem heutigen Alltag nicht mehr wegzudenken, sei es durch Spracherkennungssyteme oder Einparkhilfen – das Einsatzpotential scheint endlos. Auch in der Medizin werden beispielweise bereits Entscheidungsunterstützungssysteme zur Prävention, Diagnostik und Therapie eingesetzt. Doch was denken Ärzt*innen über deren Einsatz – wo liegen Stärken, wo Schwächen dieser künstlichen Helfer? Wie nehmen Patient*innen diese Entwicklung wahr – neugierig oder skeptisch? Nur einige spannende Fragen, die es in diesem Zusammenhang zu klären gibt.

Dementsprechend möchten wir in diesem Projekt mehr über die Sichtweisen, Einstellungen und Wahrnehmungen zu Künstlicher Intelligenz in der medizinischen Versorgung erfahren. Hierfür werden in der ersten Studienphase Fokusgruppeninterviews mit Ärzt*innen sowie Patient*innen aus Kliniken und Praxen durchgeführt. Auf Basis der hierbei erlangten Ergebnisse wird ein Fragenbogen entwickelt um in dem folgenden quantitativen Teil der Studie eine größere Anzahl an Ärzt*innen (ca. 530 Personen) und Patient*innen (ca. 800 Personen) bezüglich des Studienthemas zu befragen um somit eine repräsentative Stichprobe der Bevölkerung erreichen zu können. Die Patient*innen werden in den Universitätskliniken Halle und Erlangen (ca. 500 Personen) und den Praxen des Forschungspraxennetzwerks Allgemeinmedizin (ca. 300 Personen) rekrutiert.

Es handelt sich um ein Konsortialprojekt zwischen Instituten der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (Institut für Medizinische Epidemiologie, Biometrie und Informatik, Institut für Medizin, Ethik und Recht,  Institut für Allgemeinmedizin, Dateninformationszentrum) sowie dem Institut für Medizinische Informatik der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen Nürnberg. Unsere Kooperationspartner sind die Kliniken des SMITH und MIRACUM Konsortiums (ca. 500 Ärzt*innen) sowie die Praxen des Forschungspraxennetzwerks RAPHAEL Halle-Leipzig (ca. 30 Ärzt*innen).

www.peak-projekt.de

Laufzeit: 01.10.2021 – 30.09.2024
Förderer: GBA (Innovationsausschusses beim Gemeinsamen Bundesausschuss)

Projektleitung: Prof. Dr. Rafael Mikolajczyk (IMEBI)
Konsortialpartner: Prof. Dr. Thomas Frese; Prof. Dr. Jan Schildmann; Dr. Daniel Tiller; Prof. Dr. Hans-Ulrich Prokosch
Ansprechpartnerin: Jana Gundlack

Projektleitung